PFAS im Leitungs­wasser: Ursa­chen und Folgen

Per- und Poly­flu­or­al­kyl­sub­stanzen (PFAS) sind eine Familie von fluo­rierten orga­ni­schen Ver­bin­dungen anthro­po­genen Ursprungs. Auf­grund ihrer ein­zig­ar­tigen che­mi­schen Eigen­schaften, ihrer weit ver­brei­teten Pro­duk­tion, ihrer Ver­brei­tung in der Umwelt, ihrer lang­fris­tigen Per­sis­tenz, ihres Bio­ak­ku­mu­la­ti­ons­po­ten­zials und der damit ver­bun­denen Risiken für die mensch­liche Gesund­heit wurden PFAS als per­sis­tente orga­ni­sche Schad­stoffe ein­ge­stuft, die Anlass zu großer Sorge geben und denen die Stoffen den umgangs­sprach­liche Bezeich­nung der “Ewig Che­mi­ka­lien” verdanken. 

Woher kommen die PFAS?

Sie wurden erst­mals in den späten 1940er Jahren ent­deckt und sind inzwi­schen welt­weit ein fester Bestand­teil von Indus­trie- und Kon­sum­gü­tern. PFAS sind ein aktiver Bestand­teil von Kleb­stoffen, Feu­er­lösch­schäumen, Kos­me­tika, Papier­pro­dukten und werden in der Tex­til­in­dus­trie als schmutz- und was­ser­ab­wei­sende Mittel ver­wendet. PFAS werden bei der Her­stel­lung von wäss­rigen film­bil­denden Schäumen für Feu­er­wehr­ein­sätze, Halb­lei­tern, Schmier­mit­teln, Beschich­tungs­ad­di­tiven, Ten­siden, land­wirt­schaft­li­chen Anwen­dungen und Pes­ti­ziden ver­wendet und dienen als Ero­si­ons­schutz­mittel in der Luft­fahrt­in­dus­trie. Auf­grund ihrer hydro­phoben und oleo­phoben Eigen­schaften werden PFAS auch in vielen Haus­halts­ge­gen­ständen wie Koch­ge­schirr und Lebens­mit­tel­ver­pa­ckungen ver­wendet. Die meisten PFAS und ihre Vor­läu­fer­stoffe werden in der Tex­til­in­dus­trie ver­wendet, gefolgt von Papier­ver­pa­ckungen und Verbrauchsgütern.

Wie kommen PFAS ins Wasser?

Wis­sen­schaft­liche Erkennt­nisse der letzten Jahr­zehnte deuten darauf hin, dass ihr weit ver­brei­tetes Vor­kommen in der Umwelt mit nega­tiven Aus­wir­kungen auf die mensch­liche Gesund­heit und die Öko­logie kor­re­liert. Das Vor­han­den­sein von PFAS in der aqua­ti­schen Umwelt zeigt eine enge Ver­bin­dung zwi­schen der Anthro­po­sphäre und dem Wasserkreislauf

Ihr Vor­kommen weit ent­fernt von den poten­zi­ellen Quellen deutet darauf hin, dass der weit­räu­mige atmo­sphä­ri­sche Trans­port ein wich­tiger Ver­brei­tungsweg für PFAS ist. In jüngster Zeit haben meh­rere Stu­dien die gesund­heit­li­chen Aus­wir­kungen der PFAS-Expo­si­tion unter­sucht – sie wurden in Biota, Trink­wasser, Lebens­mit­teln, Luft und mensch­li­chem Serum nach­ge­wiesen. Als Reak­tion auf die neuen Infor­ma­tionen über die Toxi­zität von PFAS haben meh­rere Länder Ver­wal­tungs­richt­li­nien für PFAS im Wasser erlassen, dar­unter Kanada, das Ver­ei­nigte König­reich, Schweden, Nor­wegen, Deutsch­land und Aus­tra­lien. Dar­über hinaus wurden viele PFAS inzwi­schen als per­sis­tente orga­ni­sche Schad­stoffe eingestuft.

Che­mi­kalieAbkür­zung
Per­fluor­ok­t­an­sul­fon­säurePFOS
Per­fluo­roc­tan­säurePFOA
“Ammonium‑2,3,3,3‑Tetrafluor-2-(heptafluorpropoxy) Pro­panoat”GenX
10:2 Flu­or­telo­mer­sul­fon­säure 10:210:2 FTSA
4:2 Flu­or­telo­mer­sul­fon­säure 4:24:2 FTSA
6:2 Flu­or­telo­mer­sul­fon­säure 6:26:2 FTSA
8:2 Flu­or­telo­mer­sul­fon­säure 8:28:2 FTSA
4,8‑Dioxa-3H-perfluorononanoatADONA
Per­fluo­rooc­tan­sul­fo­n­amidFOSA
“N‑E­thyl-Per­fluo­roctan sulfonamidoessigsäure”N‑EtFOSAA
“N‑Me­thyl-Per­fluo­roctan Sulfonamidoessigsäure”N‑MeFOSAA
Per­fluo­ro­bu­tan­säurePFBA
Per­fluo­ro­bu­tan­sul­fon­säurePFBS
Per­fluor­de­can­säurePFDA
Per­fluordo­de­can­sul­fon­säurePFDoDA
Per­fluordo­de­can­säurePFDoDS
Per­fluordo­de­can­sul­fon­säurePFDS
Per­flu­or­hep­tan­säurePFHpA
Per­flu­or­hep­tan­sul­fon­säurePFHpS
Per­flu­or­he­xan­säurePFHxA
Per­flu­or­he­xa­de­can­säurePFHxDA
Per­flu­or­he­xan­sul­fon­säurePFHxS
Per­fluo­ro­non­an­säurePFNA
Per­fluo­ro­non­an­sul­fon­säurePFNS
Per­fluo­rooc­ta­de­can­säurePFODA
Per­fluor­pen­tan­säurePFPeA
Per­fluor­pen­tan­sul­fonatPFPeS
Per­flu­or­te­tra­de­can­säurePFTeDA
Per­flu­or­tri­de­can­säurePFTrDA
Per­fluo­run­de­can­säurePFUnA
Liste von “Ewige Che­mi­ka­lien”, antro­po­gene Umwelt­ver­schmut­zung. Per­flu­or­alkyl- und Poly­flu­or­alkyl-Stoffe (PFAS) stellen eine Gruppe von anthro­po­genen Che­mi­ka­lien dar, die seit den 1950er Jahren her­ge­stellt werden, wobei jedoch erst in den letzten Jahren frei­wil­lige und gesetz­liche Maß­nahmen gegen die Ver­wen­dung der alten PFAS ergriffen wurden. Diese Maß­nahmen zielen darauf ab, bestimmte Trends in der PFAS-Chemie aus­zu­lösen, die zur Ein­füh­rung neu­ar­tiger PFAS oder zur ver­stärkten Ver­wen­dung von kurz­ket­tigen Deri­vaten führen. Aus diesem Grund wurden EU-weit einige Anstren­gungen unter­nommen, um alter­na­tive Mole­küle mit einer kür­zeren Koh­len­stoff­kette und einem theo­re­tisch siche­reren Profil zu iden­ti­fi­zieren, die die bis­he­rige Gene­ra­tion der PFAS ersetzen könnten. Leider war diese Stra­tegie nicht gänz­lich erfolg­reich, und PFAS geben in ver­schie­denen mensch­li­chen Popu­la­tionen nach wie vor Anlass zu ernsten Bedenken.

Sind PFAS schädlich?

PFAS Aus­wir­kung auf die Gesundheit

Obwohl man sich einig ist, dass PFAS in ver­schie­denen Medien poten­zi­elle Gesund­heits­ri­siken dar­stellen, gehört der Zusam­men­hang zwi­schen dem Ausmaß der PFAS-Expo­si­tion und der Bedeu­tung des PFAS-Risikos nach wie vor zu den sich ent­wi­ckelnden For­schungs­be­rei­chen. Es besteht ein wach­sender Bedarf, den Zusam­men­hang zwi­schen der Häu­fig­keit und der Wahr­schein­lich­keit der Expo­si­tion des Men­schen gegen­über PFAS und den mög­li­chen Gesund­heits­ri­siken zu untersuchen.

Die meisten PFAS-Ver­bin­dungen wurden noch nicht gründ­lich bewertet, und ihre schäd­li­chen Aus­wir­kungen auf die mensch­liche Gesund­heit oder die Öko­logie sind noch nicht voll­ständig bekannt. Die Expo­si­tion gegen­über PFAS kann über ver­schie­dene Wege erfolgen, wobei der Schwe­re­grad von der Nähe zur Expo­si­ti­ons­quelle, der Quell­kon­zen­tra­tion und der Häu­fig­keit der Expo­si­tion abhängt. Zahl­reiche Stu­dien haben das Vor­han­den­sein von PFAS in mensch­li­chen Blut­proben sowie in Proben von ter­res­tri­scher und aqua­ti­scher Flora und Fauna dokumentiert.

Die Expo­si­tion gegen­über PFAS kann zu einer Ver­rin­ge­rung des Milz- und Thy­mus­ge­wichts und der Zel­lu­la­rität, einer ver­rin­gerten Pro­duk­tion spe­zi­fi­scher Anti­körper, einer ver­rin­gerten Über­le­bens­rate nach einer Grip­p­e­infek­tion, einer Immun­sup­pres­sion und einer ver­än­derten Zyto­kin­pro­duk­tion führen. PFAS werden mit dem Auf­treten zahl­rei­cher anderer mensch­li­cher Krank­heiten, ein­schließ­lich Krebs, in Ver­bin­dung gebracht, den­noch gibt es keine Beschrän­kungen für ihre Ver­wen­dung in Ver­brau­cher­pro­dukten und indus­tri­ellen Anwen­dungen. Außerdem können sich PFAS auf­grund ihrer langen Per­sis­tenz leicht bioakkumulieren.

PFAS im Wasser und dessen poten­ti­elle gesund­heits­schäd­liche Folgen

In diesem Zusam­men­hang wurden starke Bedenken hin­sicht­lich der mög­li­chen schäd­li­chen Aus­wir­kungen von PFAS auf die Schild­drüse laut. Schild­drü­sen­hor­mone spielen eine ent­schei­dende Rolle bei der Regu­lie­rung des Stoff­wech­sels, und die Schild­drü­sen­funk­tion steht in Zusam­men­hang mit Herz-Kreis­lauf-Erkran­kungen, Frucht­bar­keit und der fötalen Neu­ro­ent­wick­lung. In-vitro- und Ex-vivo-Daten sowie epi­de­mio­lo­gi­sche Stu­dien deuten darauf hin, dass PFAS das Schild­drü­sen­hor­mon­system beim Men­schen stören können, was sich mög­li­cher­weise negativ auf den Ver­lauf der Schwan­ger­schaft und die Ent­wick­lung des Fötus aus­wirkt. Die Daten zur schild­drü­sen­schä­di­genden Wir­kung von PFAS sind jedoch nach wie vor umstritten, ebenso wie ihre Aus­wir­kungen auf die mensch­liche Gesund­heit in ver­schie­denen Lebensabschnitten. 

PFAS begüns­tigen Fett­lei­big­keit, Schild­drü­sen­un­ter­funk­tion und Impotenz

Lesen Sie hierzu unseren Artikel über Endo­krine Dis­rup­t­oren.

Den­noch wird zuneh­mend erkannt, dass diese Stoffe auf­grund ihrer Per­sis­tenz, ihres weit­räu­migen Trans­port­po­ten­zials und ihrer Ten­denz, sich in Biota anzu­rei­chern, eine ernst­hafte Gefahr für die mensch­liche Gesund­heit und lebende Orga­nismen dar­stellen können. Ein neuer Aspekt sind die nach­tei­ligen Aus­wir­kungen, die sowohl alte als auch alter­na­tive PFAS auf das mensch­liche Hor­mon­system in Bezug auf emp­find­liche Ziel­gruppen haben können.

PFAS Aus­wir­kungen auf Pflanzen und Tiere

PFAS stellen eine Bedro­hung für Flora und Fauna, ein­schließ­lich aqua­ti­scher Arten, dar. Die Bio­ak­ku­mu­la­tion von PFAS vari­iert zwi­schen den Arten inner­halb des natür­li­chen Nah­rungs­netzes, was eine genaue Bewertung der öko­lo­gi­schen Risiken auf­grund der großen Unter­schiede im Lebens­raum der Arten, der Expo­si­tion und der Bio­ak­ku­mu­la­tion erschwert. Dar­über hinaus unter­scheidet sich das Ausmaß der Akku­mu­la­tion ver­schie­dener PFAS in den inneren Organen der Arten. PFOS kann sich in höheren Kon­zen­tra­tionen in der Leber als im Mus­kel­ge­webe anrei­chern (Leber>Muskel>Niere), wäh­rend für PFOA das Gegen­teil der Fall sein kann (Muskel>Niere>Leber). Die Bio­ak­ku­mu­la­tion vari­iert auch zwi­schen den aqua­ti­schen Arten, wobei sich PFOA in Muscheln in höheren Kon­zen­tra­tionen anrei­chert als in Fischen. Mitt­lere PFOS-Kon­zen­tra­tionen von bis zu 1900 ng g‑1 wurden in ver­schie­denen Was­ser­le­be­wesen fest­ge­stellt, dar­unter ver­schie­dene Robben‑, Tümmler‑, Wal- und Del­fin­arten sowie Eis­bären. Die lang­fris­tige Per­sis­tenz von PFAS in der Umwelt könnte sich auf meh­reren Ebenen des Nah­rungs­netzes auswirken.

Quellen und wei­ter­füh­rende Literatur

Per- and poly­fluo­ro­alkyl sub­s­tances in water and was­te­water: A cri­tical review of their global occur­rence and dis­tri­bu­tion https://​www​.sci​en​ce​di​rect​.com/​s​c​i​e​n​c​e​/​a​r​t​i​c​l​e​/​p​i​i​/​S​0​0​4​8​9​6​9​7​2​1​0​6​0​812

Ultra-Short-Chain PFASs in the Sources of German Drin­king Water: Pre­va­lent, Over­looked, Dif­fi­cult to Remove, and Unre­gu­lated https://​pubs​.acs​.org/​d​o​i​/​a​b​s​/​1​0​.​1​0​2​1​/​a​c​s​.​e​s​t​.​1​c​0​7​949

Long-term beha­vior of PFAS in con­ta­mi­nated agri­cul­tural soils in Ger­many https://​www​.sci​en​ce​di​rect​.com/​s​c​i​e​n​c​e​/​a​r​t​i​c​l​e​/​a​b​s​/​p​i​i​/​S​0​1​6​9​7​7​2​2​2​1​0​0​0​516

An Over­view of Per- and Poly­fluo­ro­alkyl Sub­s­tances (PFAS) in the Envi­ron­ment: Source, Fate, Risk and Regu­la­tions https://www.mdpi.com/2073–4441/12/12/3590

Thy­roid Dis­rupting Effects of Old and New Gene­ra­tion PFAS https://​www​.fron​tiersin​.org/​a​r​t​i​c​l​e​s​/​1​0​.​3​3​8​9​/​f​e​n​d​o​.​2​0​2​0​.​6​1​2​3​2​0​/​f​ull

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