Studie zur Kalt­wasser-Kon­ta­mi­na­tion durch Legio­nella pneumophila

Stu­di­en­vor­stel­lung: “Kon­ta­mi­na­tion des Kalt­was­ser­ver­tei­lungs­sys­tems von Gesund­heits­ein­rich­tungen durch Legio­nellen: Kennen wir das wahre Ausmaß?”

Die deut­schen Was­ser­richt­li­nien emp­fehlen keine rou­ti­ne­mä­ßige Unter­su­chung von Kalt­wasser auf Legio­nellen in Ein­rich­tungen des Gesund­heits­we­sens, es sei denn, die Was­ser­tem­pe­ratur an distalen Stellen liegt über 25 °C. In dieser Studie wird die Legio­nel­len­kon­ta­mi­na­tion in der Kalt- und Warm­was­ser­ver­sor­gung von Ein­rich­tungen des Gesund­heits­we­sens in Hessen, Deutsch­land, unter­sucht und der Zusam­men­hang zwi­schen Kalt­was­ser­tem­pe­ratur und Legio­nel­len­kon­ta­mi­na­tion ana­ly­siert. Es wurden Proben aus vier Ein­rich­tungen ent­nommen, in denen Fälle von Legio­närs­krank­heit oder eine nen­nens­werte Kon­ta­mi­na­tion der Was­ser­ver­sor­gung auf­traten. Neun­und­fünfzig Proben stammten von zen­tralen Lei­tungen und 625 von distalen Stellen, dar­unter 316 Kalt- und 309 Warm­was­ser­proben. In zwei Ein­rich­tungen wurden Legio­nellen aus zen­tralen Lei­tungen iso­liert, in vier Ein­rich­tungen aus distalen Stellen. 17 % aller zen­tralen und 32 % aller distalen Proben waren kon­ta­mi­niert. An distalen Stand­orten waren Kalt­was­ser­proben häu­figer mit Legio­nellen kon­ta­mi­niert (40 % gegen­über 23 %, p <0,001) und wiesen höhere Legio­nel­len­kon­zen­tra­tionen (≥1.000 kolo­nie­bil­dende Einheiten/100 ml) auf (16 % gegen­über 6 %, p<0,001) als Warm­was­ser­proben. Es bestand kein ein­deu­tiger Zusam­men­hang zwi­schen der Kalt­was­ser­tem­pe­ratur zum Zeit­punkt der Pro­be­nahme und der Kon­ta­mi­na­ti­ons­rate. 35 % der Kalt­was­ser­proben, die bei der Ent­nahme eine Tem­pe­ratur von unter 20 °C auf­wiesen, waren kon­ta­mi­niert. Die Daten machen deut­lich, wie wichtig es ist, die Kalt­was­ser­ver­sor­gung von Gesund­heits­ein­rich­tungen im Rahmen einer ver­stärkten Analyse auf Legio­nellen zu untersuchen.

Legio­nellen können bei Tem­pe­ra­turen zwi­schen 25 °C und 45 °C wachsen und sich ver­mehren, wobei ein Optimum zwi­schen 32 °C und 42 °C liegt. Legio­nella pneum­o­phila kann Tem­pe­ra­turen von 50 °C meh­rere Stunden lang aus­halten, ver­mehrt sich aber nicht bei Tem­pe­ra­turen unter 20 °C. Daher ist es eine wirk­same Vor­beu­gungs- und Bekämp­fungs­maß­nahme sowohl für Warm- als auch für Kalt­was­ser­sys­teme, die Was­ser­tem­pe­ratur außer­halb des Legio­nel­len­be­reichs zu halten, d. h. ≥55 °C und <20 °C. In Deutsch­land, das ein gemä­ßigtes Klima auf­weist, liegt die Tem­pe­ratur des Kalt­was­sers beim Ein­tritt in ein Gebäude in der Regel unter 20 °C. In den deut­schen Leit­li­nien wird keine rou­ti­ne­mä­ßige Unter­su­chung des Kalt­was­sers auf Legio­nellen emp­fohlen. Im Rahmen einer inten­si­vierten Analyse wird die Unter­su­chung von Kalt­wasser emp­fohlen, wenn die Was­ser­tem­pe­ratur an der distalen Stelle 25 °C überschreitet.

Die For­scher fanden höhere Kon­ta­mi­na­ti­ons­raten und höhere Legio­nel­len­kon­zen­tra­tionen in Kalt­was­ser­proben als in Warm­was­ser­proben, die in drei Ein­rich­tungen an distalen Stellen ent­nommen wurden. Legio­nel­lose wird tra­di­tio­nell mit unzu­rei­chend erwärmtem Warm­wasser in Ver­bin­dung gebracht. Es besteht die weit ver­brei­tete Mei­nung, dass nur die Warm­was­ser­ver­sor­gung als Infek­ti­ons­quelle dienen kann. Frü­here Stu­dien haben jedoch gezeigt, dass die Kalt­was­ser­ver­sor­gung von Gesund­heits­ein­rich­tungen stark mit Legio­nella-Spe­zies kon­ta­mi­niert sein kann. Andere For­scher haben über Fälle von hca-LD berichtet, die auf eine Kon­ta­mi­na­tion der Kalt­was­ser­ver­sor­gung zurück­ge­führt wurden. Hoebe et al. berich­teten über zwei Fälle von töd­li­cher LD in einem Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­trum, die mit der Kalt­was­ser­ver­sor­gung in Ver­bin­dung gebracht wurden. Johansson et al. beschrieben einen Fall von hca-LD in Schweden, der ein­deutig mit dem kalten WDS in Ver­bin­dung gebracht wurde. Graman et al. berich­teten über einen Fall von hca-LD, der auf eine kon­ta­mi­nierte Eis­ma­schine zurück­ge­führt werden konnte. Die Daten zeigen, dass die Kalt­was­ser­ver­sor­gung von Gesund­heits­ein­rich­tungen mög­li­cher­weise noch stärker mit Legio­nel­len­arten kon­ta­mi­niert ist als die Warm­was­ser­ver­sor­gung. Die For­scher fanden Legio­nel­len­kon­zen­tra­tionen von bis zu 10.000 cfu/100 ml in distalen Kalt­was­ser­proben. Zu diesem inter­es­santen Phä­nomen können ver­schie­dene Fak­toren bei­getragen haben. Es ist mög­lich, dass kurz vor dem Besuch in der Ein­rich­tung eine ther­mi­sche Des­in­fek­tion des warmen WDS durch­ge­führt wurde. Dies könnte zu einer zeit­li­chen Unter­drü­ckung von Legio­nellen in der Warm­was­ser­ver­sor­gung geführt haben. Eine andere mög­liche Erklä­rung ist eine “Erwär­mung” des Kalt­was­sers, die nach langen Still­stands­zeiten oder wenn Kalt- und Warm­was­ser­lei­tungen eng in einem Schacht liegen und über eine lange Strecke ohne ent­spre­chende Iso­lie­rung zusam­men­ge­führt werden, auf­treten kann. Der Erwär­mungs­ef­fekt ist zum Zeit­punkt der Pro­be­nahme, die in der Regel tags­über an einem Wochentag erfolgt, mög­li­cher­weise nicht fest­stellbar. Im letzt­ge­nannten Fall kann die Warm­was­ser­spü­lung der Warm­was­ser­rohre sogar einen para­doxen Effekt auf die Kon­ta­mi­na­tion des kalten WDS haben, indem sie den Erwär­mungs­ef­fekt noch verstärkt.

Zusam­men­fas­send deuten die Daten darauf hin, dass die Kalt­was­ser­ver­sor­gung von Ein­rich­tungen des Gesund­heits­we­sens stark mit Legio­nel­len­arten kon­ta­mi­niert sein kann. Die For­scher konnten keinen zuver­läs­sigen Zusam­men­hang zwi­schen der Kalt­was­ser­tem­pe­ratur zum Zeit­punkt der Pro­be­nahme und der Kon­ta­mi­na­ti­ons­rate oder ‑kon­zen­tra­tion von Legio­nellen fest­stellen. Hätte man die Analyse auf Kalt­was­ser­proben beschränkt, die zum Zeit­punkt der Pro­be­nahme eine Tem­pe­ratur von min­des­tens 25 °C auf­wiesen, wären viele Fälle von schwerer Kon­ta­mi­na­tion ent­gangen. Die Ergeb­nisse unter­strei­chen die Bedeu­tung der Bewertung von Kalt­wasser im Rahmen einer inten­si­veren Analyse der Was­ser­ver­sor­gung von Gesundheitseinrichtungen.

Link zur Studie: https://​www​.euro​sur​veil​lance​.org/​c​o​n​t​e​n​t​/​1​0​.​2​8​0​7​/​e​s​e​.​1​6​.​1​6​.​1​9​8​4​4​-​e​n​?​c​r​a​w​l​e​r​=​t​rue

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